Angeln in Jämtland, Schweden
Angeln in Jämtland: Tipps, Erfahrungen & beste Spots für Forelle, Äsche und Saibling
Es ist Ende Juni und so langsam gewöhnt sich mein Körper wieder daran, dass er Schlaf nicht dann bekommt, wenn es dunkel wird, sondern wenn die Fische aufhören zu steigen. „Dunkel“ ist eigentlich der falsche Ausdruck, denn wirklich dunkel wird es hier oben in Schweden im Juni ohnehin nicht.
Vor mir rauscht ein herrlicher Fluss, mein Magen ist gut gefüllt und der Espressokocher fängt langsam an zu brodeln. Um diese Uhrzeit würde ich normalerweise ein Bier vorziehen, aber da ich die nächsten Stunden bis zur Hüfte in einem kalten Fluss stehe, wärmt mich der Kaffee wenigstens etwas auf. Die Fliegenruten stehen schon vorbereitet am Auto, am Vorfachende sind Caddis in Größe 18 montiert, eine übliche Größe für Fliegen, um nachts den Forellen und Äschen nachzustellen und ich starre gespannt auf die Wasseroberfläche der tieferen Rinnen. Immer mehr Steiger lassen sich an der Oberfläche blicken und ich versuche mir die Positionen der besseren Fische zu merken.
Wann ist denn endlich der Kaffee fertig?
Kaffee runtergekippt, Kippe ausgedrückt, Anti-Mücken-Spray auf jedem frei liegenden Millimeter Haut verteilt, Buff bis unter die Augen hochgezogen. Jetzt kann ich loslegen. Langsam taste ich mich im knietiefen Wasser über die großen, glatten Steine voran. Endlich an meiner Position angekommen, kann ich den ersten Wurf Richtung Strömungskante wagen. Ich beobachte meine Fliege, wie sie langsam an mir vorbei treibt. „Genau hier ist gerade der Fisch gestiegen“, der Gedanke ist noch nicht einmal beendet, da kommt der Biss. Nach 23 Stunden reiner Fahrzeit, 6,5 Stunden Fährfahrt, einem fürchterlich langsamen Espressokocher, ist sie da: die erste Schweden-Äsche dieses Jahr. In den nächsten Tagen sollen noch viele gute Äschen, Bachforellen und auch der ein oder andere arktische Saibling folgen. Genügend Eindrücke vom Angeln in Jämtland, um bis nächstes Jahr davon zu zehren.
Wieso Angeln in Jämtland?

Man kennt sie: Großartige Bilder und Berichte von Nordlappland, der Finnmark und Kiruna.
Das Problem ist allerdings die Anreise. 23 Stunden reine Fahrzeit und 1900 Kilometer von Südschweden bis Kiruna. In einem klassischen zweiwöchigen Urlaub fast nicht realisierbar.
Natürlich gibt es noch die Möglichkeit zu fliegen. Da wird es allerdings mit dem Gepäck schwierig. Zelt, Schlafsäcke und Angelausrüstung müssen erst einmal transportiert werden.
Forelle, Äsche und Saibling gib es aber auch schon südlicher in Schweden. Und davon nicht zu knapp.
Wenn man die schwedische Landkarte vor sich hat, liegt Jämtland ziemlich mittig und erstreckt sich bis zur norwegischen Grenze. Hier liegt unser erstes Ziel. Die kleine Stadt Östersund ist ein sehr guter Ausgangspunkt. Von hier aus geht es dann in die Wildnis Richtung Nordwesten.

Forelle, Äsche Saibling – Jämtland hat viele Fische
Der Fischreichtum in Jämtland ist gewaltig. Von den Typischen Salmoniden über Hecht und Barsch, bis hin zur Sik (einer Wanderform der Renke) kann man hier alles gut befischen. In den östlichen Gewässern in denen noch hauptsächlich Hecht, Barsch und Zander vorkommen, ändert sich dies, je weiter man Richtung Westen fährt. In der Grenzregion zu Norwegen sind wir dann im Salmoniden-Paradies. Nahezu jedes Gewässersystem hat gute Bestände an Bachforellen und Äschen. Arktische Saiblinge muss man hingegen etwas suchen.
Trotz der geringen Einwohnerzahl in Jämtland (drei Einwohner pro km²) ist die Infrastruktur erstaunlich gut. Die großen Landstraßen sind gut geteert, in die abgelegeneren Gegenden führen sauber planierte Schotterpisten. Gewässer, an die keine Straße führt, sind meist über gekennzeichnete Trampelpfade zu erreichen. Die Markierungen sind zwar eigentlich für Skidoos gedacht, mit denen es im Winter zum Eisangeln geht, aber auch im Sommer erfüllen die meist rot angemalten Pfosten ihren Zweck. Gerade bei schlechtem Wetter erweisen sich die „Shelter“ (kleine Holzhütten, die auf einer Seite offen und für jeden frei zugänglich sind) als äußerst praktisch. Diese gibt es hier an vielen Gewässern. Extra für uns Angler!
Angelkarten kann man oft im Supermarkt oder auf Ifiske.se kaufen. Die meisten Lizenzen gelten, nicht wie wir es aus Deutschland kennen für einzelne Gewässer, sondern für ganze Gebiete. Preislich liegt man meist unter umgerechnet 10 Euro am Tag.
Angeln in Schweden: Salmoniden
Äsche, Forelle, Saibling – mich persönlich zieht es besonders wegen dieser drei Fischarten in den Norden. Alle drei lassen sich sowohl mit der Fliegen- als auch mit der Spinnrute gut befischen.

• Zu Midsommar Rehaarcaddis in Größe 12 bis 14 gehen tagsüber gut
• nachts eignen sich kleinere Versionen in Größe 16 bis 18
• im Spätsommer große Köcherfliegen (teilweise sogar auf 8er-Streamerhaken)
• grüne und braune Klinkhammer sowie kleine Hexen in der Größe 14 bis 18 sollten auch dabei sein
Tipp: Die großen Köcherfliegen sollte man furchend über die Wasseroberfläche ziehen!
So sehen Angler aus, die glücklicher nicht sein könnten.
Fliegenpräsentation beim Angeln in Jämtland
Gerade tagsüber habe ich die Erfahrung machen dürfen, dass eine 16er Hexe (schwarze Trockenfliege mit rotem Schwanz), im Nassfliegenschwung knapp unter der Oberfläche angeboten, oft große Forellen und Äschen bringt. Tungsten-Nymphen von 12 bis 16, wenn sich die Fische mal nicht in Steig-Laune befinden, sollte man auch in ausreichender Menge bei sich haben. Bei der Farbwahl darf man kreativ werden. Sowohl mit naturnahen Mustern als auch mit auffälligen Neonfleck konnte ich gute Erfolge verzeichnen.

Beim Streamern fangen oft verblüffend große Muster. Beutefisch-Imitate zwischen 8 und 14 cm ufernah in den Dämmerungsphasen angeboten, können zur kapitalen Öring (schwedisch für Forelle) führen. Während in nahezu jedem See Bachforellen in guten Größen vorkommen, gilt das leider nicht für alle Fließgewässer. Gerade in Flussstrecken zwischen Seen kommen hauptsächlich nur kleine Forellen vor. Erst ab Ende August fangen die Größeren, in den Seen lebenden Bachforellen an in die Flüsse zu ziehen, um dort ab Mitte September zu Leichen.
Unwiederstehlich: Koppenstreamer mit ca. 10cm sind immer eine gute Wahl.
Arktische Saiblinge, auf Schwedisch „Röding“ mit der Fliege zu fangen ist eine Kunst für sich. Wobei das Finden der Fische oft die größere Herausforderung darstellt. Es empfiehlt sich kleinere, hoch gelegene Seen aufzusuchen. Dort fällt es bedeutend einfacher, die Tiere aufzuspüren. Kleine, sanfte Ringe an der Oberfläche sollte man nicht unterschätzen, denn gute Saiblinge steigen oft sehr vorsichtig auf kleine Mücken und Aufsteiger. Lange Vorfächer mit dünner Spitze sind hier Pflicht!

Auch die Spinnrute fängt gut
Mit der Spinnrute lassen sich die Salmoniden ähnlich wie bei uns fangen. Ob Blinker zwischen 8 Gramm und 12 Gramm, Wobbler und Gummifische zwischen fünf und zehn Zentimetern oder beschwerte Spinner: alle Methode können zum Fang führen. Selten, aber erfreulich: auch Äschen (schwedisch: Harr) steigen hin und wieder auf die typischen Spinnköder ein. Wer diese effektiv mit der Spinne befischen möchte, sollte es wie einige Einheimische machen: Ein schwimmender Sbirolino mit meist drei kleinen Nassfliegen dahinter geschaltet. Die Montage quer zur Strömung auswerfen und einfach auf Spannung halten. Diese Methode konnte ich nun schon des Öfteren beobachten.
Wann ist die beste Jahreszeit?

Prinzipiell geht die Angelsaison von Anfang Juni bis Mitte September. Wann der Wasserstand in den Flüssen passt und ein guter Insektenschlupf einsetzt ist allerdings von vielen Faktoren abhängig und nicht wirklich berechenbar. Oft führen im Juni die Flüsse durch die immer noch anhaltende Schneeschmelze sehr viel Wasser. Dann ist für einen Insektenschlupf die Wassertemperatur zu kühl und die Fische in den Flüssen recht träge. In den Seen kommen die Forellen und Saiblinge aber auf der Suche nach Futter in die flachen Buchten, die sich schneller aufwärmen. Man muss eben etwas Glück haben. Ich würde sagen, die Fangaussichten sind in der zweiten Hälfte der Saison etwas beständiger.
Schöne Äsche auf Rehhaar-Caddis #12
Wenn man im Juni aber Glück mit dem Insektenschlupf hat, können wahre Traumstunden erlebt werden. Und das unter der Mitternachtssonne. Ab Mitte August setzt dann der „Indianersommer“ ein. Alles färbt sich in Rot- und Gelbtöne. Auch wenn die Durchschnittstemperatur dann schon etwas kühler ist – der Herbst im Jämtland ist ein mehr als sehenswürdiges Naturschauspiel.
10 Grad, Regen und Mücken
Im hohen Norden weiß man nie! Egal ob Juni, Juli, August oder September: Es kann immer von 32 Grad Sonnenschein zu 10 Grad Dauerregen wechseln. Dementsprechend sollte auch die Ausrüstung angepasst werden.
• Kurze Hose, Mütze, Wathose und -Jacke, Regenkleidung – alles muss dabei sein
• spezieller Insektenschutz nötig – am besten vor Ort kaufen!
• Besonders nervig sind „Knots“, Kriebelmücken (sind nur im Midosmmar aktiv – dafür in Massen)
• auch empfehlenswert ein Antimückengerät von z.B. ThermaCell (gut fürs Camp, nicht am Wasser)

Wer den Witterungen und den Mücken trotz, wird belohnt.
Was ist ein Fiskecamp?
„Fiskecamp“ liest man auf Schildern entlang der Straßen häufig. Kurz gesagt: Ein Campingplatz, ausgelegt für Angler und meist einen kurzen Aufenthalt wert. Oft gibt es neben Zelt- und Stellplätzen auch kleine, einfach eingerichtete Blockhütten. Gerade wenn man, so wie ich mit dem Zelt oder einem leicht ausgebauten Kastenwagen unterwegs ist, sind diese Hütten die Rettung, wenn das Wetter zu schlecht wird. Die Preise für solche Hütten liegen meist zwischen 35 € und 55 €. Je nach Ausstattung. Die etwas teureren bieten dann auch Platz für vier Leute, haben meist einen kleinen Kühlschrank und eine kleine Küche inbegriffen. Bei den Günstigen muss zum Zubereiten einer Mahlzeit das Gemeinschaftshaus aufgesucht werden. Die Betreiber sind für gewöhnlich selbst passionierte Fischer. Mit Tipps und Tricks und meist einem kleinen Angelladen, der im Fiskecamp vorhanden ist, können sie einem gut weiterhelfen. Boote können hier auch ausgeliehen werden.
Welche Ausrüstung soll mit?
Wie bereits erwähnt, kannst du in Jämtland sowohl mit der Spinnrute wie auch mit der Fliegenrute große Erfolge auf Salmoniden feiern. Je nachdem was dir am meisten liegt (und wie viel Platz du beim Reisen hast) kannst du nur eine Ausrüstung oder eben etwas für beide Angelarten mitnehmen.
Fliegenfischen in Jämtland
Mit einer AFTMA 4 oder 5 Rute deckt man eigentlich den wichtigsten Bereich ab. Was die Länge der Rute angeht: solang die Würfe weit genug und einigermaßen präzise sind, ist die Rutenlänge egal. Aus persönlichen Erfahrungen kann ich allerdings Eine mit 9 Fuß empfehlen. Für die Fischerei mit Streamer darf es dann doch etwas mehr Rückgrat sein. Mit einer Rute in Klasse 6 bis 8 ist man gut aufgestellt.
Spinnfischen in Jämtland
Eine 310 cm lange Seeforellen-Rute mit 10 bis 30 Gramm Wurfgewicht funktioniert tadellos. Genau wie eine Ultralight mit 7 bis 18 Gramm und 240 cm. Da fallen die eigenen Vorlieben ins Gewicht. Das Drillvergnügen an einer Ultralight hat mich allerdings überzeugt. Gerade bei sehr leichten Ruten sollte allerdings mit geflochtener Schnur gefischt werden. Oft kommen die Bisse in der Absinkphase auf voller Wurfdistanz. Die Geflochtene hilft dann sowohl bei der Bisserkennung als auch beim Anhieb. An den meisten Seen ist das Wasser extrem klar, daher empfiehlt sich eine 0,20er-Schlagschnur aus Fluorocarbon mit ca. 2 Metern Länge zu benutzen.
Regeln und Gesetzte für das Angeln in Schweden
Gerade was das Verhalten in der Natur angeht, weicht die schwedische Gesetzgebung von der Deutschen weit ab. Fischereischein? Gibt es nicht. Lagerfeuer in der freien Natur? Kein Problem. Wildcampen? Auch erlaubt. Das Alles fällt dort in das „Jedermannsrecht“. In Schweden geht man eben noch von einem natürlichen Menschenverstand aus. Meist funktioniert das auch ganz gut. Bei mir daheim im Oberland leider häufig nicht mehr. Deshalb gilt in Schweden folgendes:
• von Privatgrund fernhalten
• keinen Müll liegen lassen
• eine Feuerstelle sichern, immer beaufsichtigen und am Ende gut löschen
• insgesamt einfach einen respektvollen Umgang mit der Natur pflegen
• Shelter nicht länger als eine Nacht blockieren
Ich selbst versuche meinen Camp Ground immer so zu verlassen, dass der Nächste nicht erkennt, dass jemand da war. Essensreste sollten am besten verbrannt oder im See versenkt werden. In Jämtland gibt es noch Wölfe und vor allem Bären. Die Wahrscheinlichkeit einem der beiden über den Weg zu laufen ist zwar mehr als gering, zu meinem Zeltplatz möchte ich sie trotzdem nicht locken.
Ein Schlusswort zum Angelurlaub in Jämtland
In ganz Skandinavien kommt man immer wieder an Orte, die einem das Gefühl vermitteln, man sei der Einzige, der diesen Fleck Erde je zu Gesicht bekommen hat. Im Angesicht der unberührten Wasserfälle und Wälder versteht man auch, woher schwedische Autoren ihre Fantasie für Trolle, Gnome und Feen hernehmen. Es wäre schön, wenn das in Zukunft auch so bleibt. Doch dafür braucht es das Verständnis eines Jeden, wie man sich in einer solch atemberaubenden Natur verhält.

Viel Vergnügen und Petri in Jämtland!
Euer Sebastian Hierl
FAQ – Angeln in Jämtland
1. Wo bekomme ich Angelkarten für Jämtland?
Angelkarten kann man oft im Supermarkt oder auf Ifiske.se kaufen. Die meisten Lizenzen gelten, nicht wie wir es aus Deutschland kennen für einzelne Gewässer, sondern für ganze Gebiete. Preislich liegt man meist unter umgerechnet 10 Euro am Tag.
2. Wo finde ich geeignete Unterkünfte für Angler?
Du wirst immer wieder an Schildern mit „Fiskecamp“ vorbeifahren. Das sind Campingplätze für Angler. Die Preise bewegen sich zwischen 35 und 55 Euro pro Nacht. Die Ausstattung rangiert von einfachen Hütten bis komfortablen Blockhäusern.
3. Wie kommt man an Angelboote?
Meist in sogenannten Fiskecamps – das sind kleine Campingplätze, die speziell auf Angler ausgerichtet sind. Dort gibt es auch kleine Blockhütten und oft Angelgeschäfte.
4. Welche ist die beste Jahreszeit für das Angeln in Jämtland?
Die beste Jahreszeit liegt zwischen Anfang Juni und Mitte September. Hängt aber auch an anderen Faktoren wie etwa der Schneeschmelze.